Partnerschaftsbesuch von der oberen Oder
Die 35.000-Seelen-Stadt Ostfildern bei Stuttgart unterhält seit 23 Jahren eine recht lebendige kommunale Partnerschaft mit der Gemeinde Bierawa an der oberen Oder, und Anfang Mai war wieder einmal ein viertägiger Besuch einer 52-köpfigen Gruppe aus Bierawa in Ostfildern angesagt, darunter Polizisten, Feuerwehrleute, Lehrer, Vertreter der Stadtverwaltung und eine starke Abordnung des Deutschen Freundschaftskreises Bierawa, die von der in Ostfildern ansässigen Schlesiergruppe Kemnat eingeladen war. Die beteiligten Berufsgruppen der Gemeinde Bierawa führten Gespräche, unternahmen Besichtigungen und pflegten einen intensiven Erfahrungsaustausch mit ihren Ostfilderner Kollegen. Die Schlesiergruppe Kemnat nahm ihre oberschlesischen Landsleute mit auf den Jahresausflug ins Hohenloher Land, wo ein Besuch beim Fürsten Hohenlohe-Oehringen stattfand, ein sehr beziehungsreicher Besuch; denn die Fürsten von Hohenlohe-Oehringen waren mehr als 150 Jahre lang die Grundherren von Bierawa und Umgebung. Das Oberhaupt der fürstlichen Familie, seine Durchlaucht Kraft Fürst von Hohenlohe-Oehringen, nahm sich die Zeit, die Ausflugsgruppe mit ihren oberschlesischen Gästen auf Schloss Neuenstein bei Heilbronn selbst zu empfangen und zu begrüßen. Der Fürst, der 1935 auf Schloss Slawentzitz bei Cosel geboren wurde, verwies stolz auf seine schlesische Herkunft und berichtete aus seinem ereignisreichen Leben, in dem die fürstliche Familie den weitaus größten Teil seines Besitzes durch den Ausgang des Krieges und die Abtrennung Schlesiens verloren hat. Das Schloss in Slawentzitz, bis 1945 das familiäre und wirtschaftliche Zentrum der Fürsten von Hohenlohe-Oehringen, hatte den letzten Krieg einigermaßen überstanden, war aber wenige Jahre danach durch Brandschatzungen und andere Zerstörungen so in Mitleidenschaft gezogen worden, dass es vollständig beseitigt werden musste. Übrig geblieben ist lediglich der weitläufige Landschaftspark mit einem Eingangsportikus, der Ruine des Mausoleums, einem Gärtnerhaus und einem eigentümlichen barocken Gartenpavillon. Während der schlesischen Zeit der Fürsten Hohenlohe-Oehringen gehörten sie zu den vermögensten Familien des Deutschen Reiches, und zeitweise galten sie als die Zinkkönige der Welt. Die in Oberschlesien erwirtschafteten Gewinne verwendeten die Fürsten u.a. dazu, das ziemlich heruntergekommene Stammschloss in Neuenstein kurz vor dem Ersten Weltkrieg durch den berühmten Burgen- und Schlossarchitekten Bodo Ebhardt zu restaurieren, was fast einem Neubau gleichkam. Der Fürst war sichtlich erfreut über den Besuch aus der ehemaligen Standesherrschaft in Oberschlesien, die auch von den heute polnischen Kommunalpolitikern als positive Erinnerung gepflegt wird; denn sie haben dem Fürsten 2012 die Ehrenbürgerschaft der Stadt Cosel, heute Kedzierzyn-Kozle, verliehen.Bildtext: Im Rahmen der Gemeindepartnerschaft Ostfildern-Bierawa stattete eine Abordnung des Deutschen Freundschaftskreises Bierawa dem früheren Standesherrn Hohenlohe-Oehringen auf Schloss Neuenstein bei Heilbronn einen Besuch ab, wo sie vom Oberhaupt der fürstlichen Familie, Kraft Fürst von Hohenlohe-Oehringen (Bildmitte), empfangen wurden. 2.v.l.: Ilona Wochnik-Kukawska, die Vorsitzende des DFK Bierawa, 4.v.l. Joachim Niemann, der frühere Geschäftsführer des Verbandes der sozial-kulturellen Gesellschaften der Deutschen in Polen.
Foto: Ilona Wochnik-Kukawska