Landeskulturtagung der LM Schlesien von Baden-Württemberg am 03.09.2022 im Haus der Heimat in Stuttgart
Nach zweijähriger pandemiebedingter Pause war es dieses Jahr erstmalig wieder möglich, die Landeskulturtagung in Stuttgart abzuhalten. Landesvorsitzender Christfried Krause freute sich, die Referentinnen und Referenten sowie die anwesenden Gäste begrüßen zu können. Zugleich brachte er sein Bedauern über die leider nur geringe Anzahl an erschienenen Schlesierinnen und Schlesiern zum Ausdruck. Im Mittelpunkt der Landeskulturtagung standen die wertvollen Vorträge der Referentinnen und Referenten, die es den Gästen erlaubten, Wissenswertes über Schlesien zu erfahren.
Den Einstieg in die Vortragsreihe gab Helga Wüst mit einem sehr fundierten Vortrag zum Thema „Die Laboranten im Riesengebirge“. Dabei berichtete sie von den Kräutersammlern aus dem Riesengebirge. So ging sie auf das Dorf Cromhübel ein, das seinen Namen aufgrund seiner Lage auf einem Hügel trug und sich im 17. Jahrhundert aufgrund der dort erfolgenden Verarbeitung von Kräutern und der Herstellung von Medikamenten zu einem weit gerühmten Apothekendorf entwickelte. In diesem Rahmen erfolgte neben der Herstellung von Salben und Mixturen auch der Handel mit Naturheilmitteln, wie dem Fingerhut, dem eine positive Wirkung für das Herz nachgesagt wird. Diese Entwicklung brachte Wohlstand in das Dorf, führte Referentin Wüst aus. Durch die Kräutersammler entstand bald der neue Berufszweig der „Laboranten“, der sich unter anderem auch mit der Herstellung von Likören beschäftigte. Dazu zählt beispielsweise auch der Kräuterlikör „Echt Stonsdorfer“.
Beeindruckendes berichtete Christa Maria Scholz über das schlesische Sprachgenie Emil Krebs: Dieser beherrschte über 60 Sprachen fließend und zählt damit zu einem der größten Sprachtalente aller Zeiten. Zu Beginn ihres Referats wies sie auf ihre verwandtschaftlichen Beziehungen zu Emil Krebs hin: So waren ihr Urgroßvater und Emil Krebs Cousins und zugleich war dieser auch der Patenonkel ihrer Mutter. Der Sinologe Emil Krebs wurde 1867 in Freiburg (Schlesien) geboren. In der heimischen Dorfschule in Esdorf (Kreis Schweidnitz) bekam er den ersten Kontakt mit einem französischen Wörterbuch, dies war bestimmend für seine weitere Laufbahn, so Scholz. Später war Krebs Legationsrat und erster Dolmetscher an der deutschen Gesandtschaft in Peking. Zugleich war er auch Dolmetscher im Auswärtigen Amt.
Alle Vorträge wurden durch die Gäste mit wertschätzendem Applaus honoriert. In den Reigen der Vortragenden reihte sich auch Wolfgang Hanagarth ein. Dieser widmete seine Ausführungen Fritz Stern, der 1926 in Breslau geboren und 2016 in New York verstorben ist. Da Stern aus einer jüdischen Familie stammte, ging Hanagarth zunächst auf die historischen Zusammenhänge des Judentums im Allgemeinen ein. Danach schilderte er das Leben Sterns und verwies darauf, dass Sterns Familie im Jahre 1938 in die USA auswanderte. In New York studierte Stern an der Columbia University und promovierte im Jahre 1953. Später wurde er Professor für Geschichte. Laut Hanagarths Ausführungen ist Fritz Stern deswegen so interessant, weil er diese Zeit in Deutschland als junger Mensch im Alter von 12 Jahren miterlebt hatte. In seinem Vortrag stellte Hanagarth Fritz Sterns Buch „Fünf Deutschland und ein Leben“ vor und präsentierte hieraus einige Passagen der Zuhörerschaft.
Im Rahmen ihres Vortrags brachte Helga Junge dem Publikum das Unternehmen „Rübezahl Schokoladen GmbH“ näher. Dieser mittelständische Süßwarenhersteller hat seinen Sitz in Dettingen unter Teck und verfügt über ein großes Sortiment. Mediale Begleitung nutzte Sigi Wasser und zeigte den Gästen einen ausführlichen Film über Schlesien. Zu guter Letzt nutzte Wolfgang Prahl die Gelegenheit im Haus der Heimat, um der Zuhörerschaft die Schlesische Mundartgruppe in Wangen/Allgäu vorzustellen. Diese Gruppe besteht seit 1982 und hat es sich zur Aufgabe gemacht, schlesische Gedichte von Mundartdichtern zu sammeln und diese vorzutragen. Zur Freude des Publikums rezitierte Prahl einige unterhaltsame Passagen aus gesammelten Werken wie „Aus Mutter Schlesings Schubbsacke“.
Nach fünfstündiger interessanter Sitzung schloss der Landesvorsitzende Krause die abwechslungsreiche Tagung ab und wünschte allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern eine gute Heimkehr.
Text und Foto: G.K.
Das nachstehende Foto zeigt die Referenten Helga Wüst, Wolfgang Prahl, Sigi Wasser, Helga Junge und Christa Maria Scholz sowie den Landesvorsitzenden Christfried Krause (2.v.l.).