Landeskulturtagung der Schlesier am 28.09.2024 in Stuttgart
Die jüngst stattgefundene Landeskulturtagung in Stuttgart im Haus der Heimat des Landes Baden-Württemberg ist längst zu einer festen Tradition der Schlesier im „Ländle“ geworden. Angereist waren zu dieser Tagung Landsleute aus den einzelnen Orts- und Kreisgruppen der Landsmannschaft sowie Gäste. Das Programm bot kulturgeschichtliche Vorträge und musikalische Umrahmung mit dem „Rosenau Trio“.
Die Begrüßung der 35 Anwesenden samt einführender Worte übernahm der Landesvorsitzende Christfried Krause. Er übergab das Mikrophon an Helga Junge, die leider eine traurige Nachricht überbringen musste: In diesen Tagen ist „unser Landsmann“ BdV-Ehrenvorsitzender des Landes Baden-Württemberg Arnold Tölg verstorben. In Gedenken an den Verstorbenen haben sich die Teilnehmenden erhoben und eine Gedenkminute abgehalten.
Klaus Klimpke vom Riesengebirgs-Trachtenverein München referierte eloquent über die damaligen und die bestehenden schlesischen Bauden im Riesengebirge. Der Breslauer Klimpke leitet seit 1969 die Heimatgruppe Grünberg in München und ist in verschiedenen Schlesiervereinen in München und Landshut tätig. Klimpke begann mit dem schlesischen Berggeist Rübezahl, dem „Herr der Berge“. Seinen Vortrag umrahmte er mittels Projektion, alter Postkarten, eigener Fotos sowie mit Filmsequenzen. Als heimatverbundener Schlesier hatte Klimpke seine Heimat 30-mal besucht und brachte neue Erlebnisse und Erfahrungen mit. Beeindruckend war, als Klimpke bei seinem Vortrag den Auftritt der Tanzgruppe des Riesengebirgs-Trachtenvereins München auf dem Münchner Marienplatz zeigte.
Spannend und äußerst informativ war der Beitrag von Christine Maria Czaja, der Tochter des vor 27 Jahren verstorbenen Dr. Herbert Czaja. Sie begann mit einem Blick auf die Charta der Heimatvertriebenen, die 1950 in Stuttgart verkündet wurde. Ihr Vater war damals als Stadtrat und verfolgte die Verkündung. Überleitend ging sie auf Czajas Leben ein, der 1914 in Teschen in Ost-Oberschlesien geboren und in Skotschau aufgewachsen war. Das Engagement des Politikers und des großen Oberschlesiers Dr. Czaja ist allen Heimatvertriebenen bekannt. Im Laufe des Referats präsentierte Christine Maria Czaja einige Bücher ihres Vaters und verlass einige Passagen daraus. Sie erläuterte der Zuhörerschaft im Saal, weshalb es zwei schlesischen Landsmannschaften gibt: Weil es damals so viele Schlesier waren und weil es so viel zu tun gab und sodass es eine Landsmannschaft allein nicht geschafft hätte, klärte die Referentin Czaja auf. Sie erwähnte auch den Weggefährten Dr. Herbert Hupka. Die beiden Mitglieder des Bundestages (MdB) Dr. Hupka und Dr. Czaja waren große „Kümmerer“ für die heimatvertriebenen Schlesier.
In der Mittagszeit hatten die Teilnehmer der Tagung die Möglichkeit, den Bücherstand des Donauschwaben Stefan Teppert aus Hayingen zu betrachten und Bücher zu erwerben.
Das Leben der Schriftstellerin Erle Bach trug ihr Sohn Volker Strehblow vor und bekundete anfangs, dass er lieber musiziert als referiert. Geboren wurde Erle Bach als Hanna-Barbara Rauthe 1927 in Hirschberg und bereits als Kind trug sie gerne Trachten. Nach der Vertreibung aus ihrer Heimat entdeckte sie ihr Talent für das Schreiben und nannte sich Erle Bach. Ihr Sohn berichtete, dass sie nachts Mundartgedichte und für die badische Presse schrieb. Später kamen viele bedeutsame literarische Werke wie „Matka mit bloßen Füßen“ oder die Anthologien „Brieger Gänse fliegen nicht“ und „Knoblauchschmiede“ hinzu. Mit dem Buch „Baudenzauber“ versetzte sie die Leser in das heimatliche Riesengebirge. Erle Bach erhielt zahlreiche Ehrungen: Neben Literaturpreisen wurde ihr das Bundesverdienstkreuz am Bande 1980 verliehen. Im Jahr 1996 verstarb Erle Bach und ihr Sohn Strehblow brachte 20 Jahre später ihren Grabstein ins Riesengebirge zu der neuen Erlebachbaude, wo einst die Familie der Verstorbenen lebte. Er schloss sein Referat mit dem Leitspruch der Mutter Erle Bach „Nichts geschieht umsonst, eines Tages wachsen Blumen aus Ruinen“.Als Zugabe an das interessante Referat gab es einen „Kulturschock“, wie Strehblow es nannte: Er spielte Gitarre und sang auf Englisch zu dem Stück „Stranded“.
Das aus Rundfunk und Fernsehen bekannte Baden-Badener „Rosenau Trio“ erfreute die Zuhörerschaft mit seiner Interpretation von Musik und Literatur. Das Repertoire umfasste einen musikalischen Streifzug durch Ostdeutschland und Wien. Die Pianistin Helga Becker-Winkler eröffnete das Konzert mit Klängen am Klavier zu denen Bariton Holger Bornschier das Stück „Hoch auf dem gelben Wagen“ sang. Danach stellte Joachim Herrmann auf unterhaltsame Weise Ostpreußen, das Land der dunklen Wälder vor, zudem Bornschier mit geschulter Stimme sang. Die musikalische Reise führte weiter nach Schlesien, wobei der Titel „Du oberschlesische Heimat“ gesungen wurde. Der musikalische Funke sprang nach Wien über und so wurde der berühmte „Radetzky Marsch“ am Klavier intoniert. Der Aufritt wurde mit der Zugabe mit dem Titel „In einem kühlen Grunde“ abgerundet. Der fulminante Auftritt des „Rosenau Trios“ löste spontanen Beifall und große Begeisterung beim Publikum für das Ensemble aus. (Text und Fotos: G. K.)
Das Foto zeigt die Referenten und das "Rosenau Trio" mit Vorstandsmitgliedern.
Landeskulturtagung der Schlesier von Baden-Württemberg am 30.09.2023 im Haus der Heimat in Stuttgart
Ein Projekt der Landesgruppe von Baden-Württemberg ist die alljährliche Landeskulturtagung, die in diesem Jahr am 30. September wieder im Haus der Heimat in Stuttgart stattfand. Angereist zu dieser Tagung waren auch die vier Vortragenden. So referierten Monika Taubitz, Wolfgang Scheuren, Alois Burkhart und Daniel Frey über ihre literarischen Werke, Schlesisches und aktuelle Themen.
Im Vorfeld der Veranstaltung hat sich die stellvertretende Vorsitzende Helga Junge federführend um die Zusammenstellung des Programms und das Gelingen dieser Kulturtagung bemüht und eingesetzt. Sie freute sich darüber, dass diese von den Zuhörerinnen und Zuhörern bestens angenommen wurde.
Den Einstieg in die Vortragsreihe gab Monika Taubitz, eine Schriftstellerin aus der Erlebnisgeneration der Heimatvertriebenen. Sie las aus ihrem prägnanten Manuskript vor, das zu einem Buch mit dem Titel „Mein Schlesien – meine Schlesier“ mit verschiedenen Erzählungen geformt wurde. Zu Beginn beschrieb Taubitz ihre Erinnerungen an die Heimat, in der sie im Jahre 1937 in Breslau geboren wurde. Sie erinnerte an die Vertreibung aus Schlesien und an ihre erste Zeit als Heimatvertriebene. Als solche kam sie nach Nordenham, eine überfüllte Stadt an der Weser. „Eigentlich träumten wir davon, heimzukehren“, so Taubitz. Da dies aber unmöglich war, kam sie zu den Verwandten ins Allgäu. Nach ihrer Ankunft in Wangen im Jahre 1951 schloss sie sich dem „Wangener Kreis – Gesellschaft für Literatur und Kunst des Ostens“ an. Nach weiteren Ausführungen stellte die Schriftstellerin Taubitz noch zwei ihrer Werke vor: Aus „Tilmanns Frau und andere Erzählungen“ sowie dem Band „Breslau zur Zeit der Pandemie“ las sie einige Passagen vor. Nach ihrer Lesung erhielt die Schlesierin Taubitz einen begeisterten Beifall der Zuhörerschaft.
Einen fundierten Vortrag hielt Wolfgang Scheuren über seinen Großvater Dr. Paul Petras. Sein berühmter Ahne war Philologe, Journalist, Verleger, Schriftsteller, Heimatdichter und Forscher aus Grünberg in Niederschlesien.
Zunächst stellte sich der in Wien geborene Scheuren vor, der nach Kriegsende mit seinen Eltern Österreich auf Alliiertenbeschluss verlasse musste. „Weil wir Reichsdeutsche“ waren, so Scheurens Begründung. Danach skizzierte er das Lebenswerk seines Großvaters, der 1860 in Grünberg geboren und in der Heimaterde in Kühnau im Jahre 1941 bestattet wurde. Von seiner Heimatstadt wird er mit einem Ehrengrab geehrt. Auch Izabela Taraszczuk, eine aus Grünberg stammende polnische Philologin, widmet sich Dr. Paul Petras, indem sie ihre erste wissenschaftliche Würdigung und Biografie über ihn schreibt.
In den Reigen der Referenten reihte sich auch Alois Burkert ein. Er referierte über den großen Maler und Zeichner Adolph von Menzel und zeigte mittels eines Projektors entsprechende Fotoaufnahmen aus einer Ausstellung. In einem Streifzug beschrieb Burkert die malerischen und außerordentlich vielfältigen Werke Menzels, wie das historisierende Gemälde mit dem Flötenkonzert Friedrichs des Großen in Sanssouci und die Krönung Wilhelms 1. in Königsberg. Zum Abschluss dieser Kulturtagung kam Burkert in Gestalt des Rübezahls und unterhielt das Publikum mit schlesischen Anekdoten sowie auf musikalische Weise.
Über aktuelle Themen in Zusammenhang mit der Medienlandschaft in Deutschland referierte Daniel Frey, Mitglied des Rundfunkrates SWR und Landesvorstandmitglied der „Europa-Union Baden-Württemberg“. Frey schickte vorweg, er fühle sich mit den Heimatvertriebenen verbunden. Zugleich erachtet er die Themen Heimat und Europa als verbindende Elemente. Im weiteren Verlauf stellte er die Aufgaben des Rundfunkrats vor. Die Heimatvertriebenen haben mit ihren Klangkörpern in den Medien einen festen Platz. Hier bestehen Einflussmöglichkeiten, so Frey. Die Konzeption für die Zukunft bestehe in der Vielfalt und der Digitalisierung des Rundfunks sowie des Fernsehens. Dabei verweist er auch auf die in der Mediathek zur Verfügung stehenden Inhalte. Referent Frey schloss mit der Aussage, seine Heimat sei Europa. Gerne stellte er sich den Fragen des Publikums.
Christfried Krause moderierte die Kulturtagung und bedankte sich bei allen Vortragenden für ihre Beiträge sowie den Gästen für ihr Kommen. (Text und Fotos: G. K.).
Landeskulturtagung der LM Schlesien von Baden-Württemberg am 03.09.2022 im Haus der Heimat in Stuttgart
Nach zweijähriger pandemiebedingter Pause war es dieses Jahr erstmalig wieder möglich, die Landeskulturtagung in Stuttgart abzuhalten. Landesvorsitzender Christfried Krause freute sich, die Referentinnen und Referenten sowie die anwesenden Gäste begrüßen zu können. Zugleich brachte er sein Bedauern über die leider nur geringe Anzahl an erschienenen Schlesierinnen und Schlesiern zum Ausdruck. Im Mittelpunkt der Landeskulturtagung standen die wertvollen Vorträge der Referentinnen und Referenten, die es den Gästen erlaubten, Wissenswertes über Schlesien zu erfahren.
Den Einstieg in die Vortragsreihe gab Helga Wüst mit einem sehr fundierten Vortrag zum Thema „Die Laboranten im Riesengebirge“. Dabei berichtete sie von den Kräutersammlern aus dem Riesengebirge. So ging sie auf das Dorf Cromhübel ein, das seinen Namen aufgrund seiner Lage auf einem Hügel trug und sich im 17. Jahrhundert aufgrund der dort erfolgenden Verarbeitung von Kräutern und der Herstellung von Medikamenten zu einem weit gerühmten Apothekendorf entwickelte. In diesem Rahmen erfolgte neben der Herstellung von Salben und Mixturen auch der Handel mit Naturheilmitteln, wie dem Fingerhut, dem eine positive Wirkung für das Herz nachgesagt wird. Diese Entwicklung brachte Wohlstand in das Dorf, führte Referentin Wüst aus. Durch die Kräutersammler entstand bald der neue Berufszweig der „Laboranten“, der sich unter anderem auch mit der Herstellung von Likören beschäftigte. Dazu zählt beispielsweise auch der Kräuterlikör „Echt Stonsdorfer“.
Beeindruckendes berichtete Christa Maria Scholz über das schlesische Sprachgenie Emil Krebs: Dieser beherrschte über 60 Sprachen fließend und zählt damit zu einem der größten Sprachtalente aller Zeiten. Zu Beginn ihres Referats wies sie auf ihre verwandtschaftlichen Beziehungen zu Emil Krebs hin: So waren ihr Urgroßvater und Emil Krebs Cousins und zugleich war dieser auch der Patenonkel ihrer Mutter. Der Sinologe Emil Krebs wurde 1867 in Freiburg (Schlesien) geboren. In der heimischen Dorfschule in Esdorf (Kreis Schweidnitz) bekam er den ersten Kontakt mit einem französischen Wörterbuch, dies war bestimmend für seine weitere Laufbahn, so Scholz. Später war Krebs Legationsrat und erster Dolmetscher an der deutschen Gesandtschaft in Peking. Zugleich war er auch Dolmetscher im Auswärtigen Amt.
Alle Vorträge wurden durch die Gäste mit wertschätzendem Applaus honoriert. In den Reigen der Vortragenden reihte sich auch Wolfgang Hanagarth ein. Dieser widmete seine Ausführungen Fritz Stern, der 1926 in Breslau geboren und 2016 in New York verstorben ist. Da Stern aus einer jüdischen Familie stammte, ging Hanagarth zunächst auf die historischen Zusammenhänge des Judentums im Allgemeinen ein. Danach schilderte er das Leben Sterns und verwies darauf, dass Sterns Familie im Jahre 1938 in die USA auswanderte. In New York studierte Stern an der Columbia University und promovierte im Jahre 1953. Später wurde er Professor für Geschichte. Laut Hanagarths Ausführungen ist Fritz Stern deswegen so interessant, weil er diese Zeit in Deutschland als junger Mensch im Alter von 12 Jahren miterlebt hatte. In seinem Vortrag stellte Hanagarth Fritz Sterns Buch „Fünf Deutschland und ein Leben“ vor und präsentierte hieraus einige Passagen der Zuhörerschaft.
Im Rahmen ihres Vortrags brachte Helga Junge dem Publikum das Unternehmen „Rübezahl Schokoladen GmbH“ näher. Dieser mittelständische Süßwarenhersteller hat seinen Sitz in Dettingen unter Teck und verfügt über ein großes Sortiment. Mediale Begleitung nutzte Sigi Wasser und zeigte den Gästen einen ausführlichen Film über Schlesien. Zu guter Letzt nutzte Wolfgang Prahl die Gelegenheit im Haus der Heimat, um der Zuhörerschaft die Schlesische Mundartgruppe in Wangen/Allgäu vorzustellen. Diese Gruppe besteht seit 1982 und hat es sich zur Aufgabe gemacht, schlesische Gedichte von Mundartdichtern zu sammeln und diese vorzutragen. Zur Freude des Publikums rezitierte Prahl einige unterhaltsame Passagen aus gesammelten Werken wie „Aus Mutter Schlesings Schubbsacke“.
Nach fünfstündiger interessanter Sitzung schloss der Landesvorsitzende Krause die abwechslungsreiche Tagung ab und wünschte allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern eine gute Heimkehr.
Text und Foto: G.K.
Das nachstehende Foto zeigt die Referenten Helga Wüst, Wolfgang Prahl, Sigi Wasser, Helga Junge und Christa Maria Scholz sowie den Landesvorsitzenden Christfried Krause (2.v.l.).